Das Akademienvorhaben Strukturen und Transformationen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache verwaltet auch das Abklatscharchiv des historischen Wörterbuchunternehmens der Berliner Akademie (1897-1963), das bereits auf einer umfangreiche Sammlung von Abklatschen aufbauen konnte, die durch Carl Richard Lepsius seit Mitte des 19. Jahrhundert initiiert und zu großen Teilen angelegt wurde und die dann von Adolf Erman während des Wörterbuchunternehmens seit 1897 fortgeführt wurde.
Dieses Berliner Archiv von Papierabdrücken, die zwischen 1834 und 1910 genommen wurden und Stücke aus Ägyptischen Museen in Europa, Amerika und Ägypten sowie seinerzeit noch stehende Denkmäler in Ägypten und Nubien dokumentieren, stellt eine einzigartige Studiensammlung altägyptischer Inschriften und Flachbilder dar, zumal viele der aufgenommenen Denkmäler heute verloren oder nicht mehr in dem damaligen Zustand erhalten sind.
Ihre Katalogisierung wurde sukzessive in den 70er Jahren des 20 Jh. begonnen. Innerhalb von drei Drittmittelprojekten zwischen 1991 und 2000 wurde ein Teil der Abklatsche identifiziert und in der Reihe "Mitteilungen aus der Arbeit am Wörterbuch der Ägyptischen Sprache" (MittWb) publiziert. Alle Hefte stehen auf dem Edocserver der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften zur freien Nutzung zur Verfügung.
URL: https://edoc.bbaw.de/frontdoor/index/index/docId/1758
Aus dem Inhalt: Sammlungsgeschichte, Quellen, Eigentumsverhältnisse, Arbeiten 1991-1993, Personenindex, Katalog: Abklatsche der außerägyptischen Museen
URL: https://edoc.bbaw.de/frontdoor/index/index/docId/1796
Aus dem Inhalt: Arbeiten 1994-1995, Carl-August Reinhardt - Kaufmann, Philologe, Sammler, Konsul, Personenindex, Katalog: Abklatsche aus Nubien (inkl. Meroe und Bigeh), geographischer Index.
URL: https://edoc.bbaw.de/frontdoor/index/index/docId/1797
Aus dem Inhalt: Abklatsche aus Philae, Überblick zum gesamten Abklatscharchiv (Fundortverzeichnis, Museumsverzeichnis)
"Flache Wandskulpturen und namentlich hieroglyphische Inschriften an erreichbaren Orten und von mäßigen Dimensionen sind in Papierabdrücken zu nehmen, eine noch fast unbekannte und für diese Zwecke unschätzbare Art, die treuesten Faksimile auf eine schnelle mechanische Weise zu gewinnen" – so beschrieb Richard Lepsius in seiner Denkschrift an den König ein Verfahren, Denkmäler originalgetreu und damit interpretationsfrei zu kopieren.
Im heutigen Archiv finden sich derartige von Lepsius angefertigte Abklatsche schon aus der Zeit seiner allerersten Beschäftigung mit der altägyptischen Kultur und Sprache in Paris Anfang 1834. Bis 1842 bereiste er alle Orte mit bedeutenden ägyptologischen Sammlungen in Europa (London, Turin, Livorno u.a.m.) zu Studienzwecken und dokumentierte bedeutende Denkmäler, die teilweise heute noch unveröffentlicht sind, in dieser Methode.
Nach dem "Verzeichnis der während der Reise des Professors Lepsius gesammelten Monumente, Papierabdrücke, Zeichnungen etc. 1842-1845" wurden während der Ägypten-Expedition insgesamt 517 Abklatsch-Serien angefertigt, die später in Berlin in über 100 großformatige (72 x 56 x 7 cm), bücherförmige Kästen lose eingelegt wurden. Zu einer "Serie" werden alle Abklatschblätter zusammengefaßt, die zur Dokumentation eines Denkmals gehören. Abhängig von der Art und Größe des dokumentierten Objekts können derartige Serien aus nur einem einzigen kleinen Blatt, aber auch aus bis zu 100 Blättern ca. im DIN-A2-Format bestehen, wenn ganze Grabwände von Interesse waren.
Die Serie 1 ist im Verzeichnis unter dem Datum vom 14. September (1842) auf Seite 5 erwähnt. Sie wurde von der Statue eines Nefer-abu aus dem späten Neuen Reich genommen und bestand ursprünglich aus 11 kleinen, rosafarbenen Papierstreifen, von denen heute Blatt 2 und 9 fehlen (Abb.: Blätter 1, 11, 5 und 6 mit Umschlag der Serie). Die Eintragung im Verzeichnis lautet:
"Kleine männliche Statue in weißem feinem Kalkstein in Malta vor c. 40 Jahren gefunden, c. 1 1/2 Fuß hoch. S. die Skizze der Figur, mit den Göttern Ra und Ma vor sich Not.B. I F. p. 172 vgl. Notz.Buch II. p. 16. – Bibl. in Malta. 1. Rückeninschrift. – 2. Basis unter derselben. – 3. Basis links daneben. – 4. Inschrift am Fuße des Altars unter dem linken Arme. – 5. Basis der kleinen Figuren unter dem linken Arme. – 6. Vorderseite des Altars unter den kleinen Figuren. – 7. Vorderseite der Basis. – 8. Vorders. der Basis der kleinen Figuren. – 9. Basis unter dem rechten Fuße. – 10. Inschrift am Fuße des Altars unter dem rechten Arme. – 11. Basis der kleinen Figuren unter dem rechten Arme."
Fast drei Jahre später wurden auf der Rückreise aus dem Süden vom 7. bis 14. Juni 1845 im Bereich der nördlichen Felsengräber bei El Tell (Amarna) die letzten Abklatsch-Serien in Ägypten gefertigt. In der Zählung beginnen sie bei der Nummer 505 und reichen bis 517. Der Schwerpunkt mit 10 Serien lag dabei in der Dokumentation der Inschriften und Reliefs aus dem am vollständigsten erhaltenen Grab des Meri-Re (Abklatsch 507/1 mit dem Porträt der Amarna-Prinzessin Nefer-neferu-Aton Ta-scheri). Im Gegensatz zu der akribischen Buchführung am Beginn der Expedition finden sich seit der Serie 112 im Verzeichnis nur noch allgemeine, den Umfang einer Serie nicht mehr kennzeichnende Angaben. So ist dort für die letzte Serie 517 vermerkt: "517. El Tell, 7. Grab. linke Wand A. u B.", wobei für Ort (El Tell) und Objekt (Grab) Wiederholungszeichen für die gleichen Begriffe in darüber stehenden Zeilen geschrieben wurden. Angesichts dieser Praxis ist es fast ausgeschlossen, mögliche Verluste festzustellen.
Ein Abklatsch aus dem Grab 7 trägt rechts oben in der Handschrift von Lepsius den dreizeiligen Vermerk "Grab 7. El Tel. Abdr. 132". Auf der zerstörten Fläche hinter einer sitzenden Person ist darunter "Ab. III Bl 100" und noch tiefer der mit spitzem Bleistift fast eingeritzte Vermerk "gez. von Max." zu lesen. Diese Angaben deuten darauf hin, dass der Abklatsch bereits auf der Südreise im September 1843 genommen worden war (Lepsius schrieb zu dieser Zeit immer "El Tel" statt dem auf der Rückreise gebräuchlichen "El Tell"). Obwohl er ursprünglich zur Serie 132 gehörte, ist er in der von Sethe angefertigten Kladde bei der Tafel 100 pauschal der Serie 517 zugeordnet.
Bei der neuerlichen Inventarisierung der Expeditions-Abklatsche zwischen 1982 und 1985 blieb dieser Fehler unbemerkt. Ohnehin hatte für die Abbildung a in Lepsius' Tafelwerk (Band III, Tafel 100) eine Zeichnung gedient, die im Archiv noch heute vorhanden ist: Anlässlich des Geburtstages von Richard Lepsius hatte Max Weidenbach am 23. Dezember 1844 den fraglichen Abklatsch unter Nutzung eines Quadratnetzes auf Papier übertragen und dieses Bild nach Tisch zusammen mit einem "sehr hübschen Transparent in bunten Hieroglyphen von Lepsius Namen und Jahrestag" (Tagebuch von G. Erbkam, 3. Heft) dem Jubilar bei einer kleinen Feier übergeben.
Auch nach der Lepsius-Expedition blieb in Ägypten das Kopieren von Denkmälern durch Papierabdrücke bzw. -abklatsche bis zum Verbot dieser Technik zu Beginn des Jahres 1913 in Gebrauch. Da bis dahin für das Wörterbuch-Projekt – mehrfach auch gezielt – Abklatsche von ganzen Denkmäler-Komplexen wie beispielsweise den Pyramidentexten oder den Philae-Tempeln genommen worden waren, entstand in Berlin ein wohl einmaliges Archiv. In mehr als 600 großen Kästen lagern hier Abklatsche von zahlreichen Denkmälern Ägyptens und können ohne größeren Aufwand konsultiert werden.