Lithographien

Das Vorhaben-Archiv „Altägyptisches Wörterbuch“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften bewahrt unter seinen Archivbeständen einige Tausend originale großformatige Lithographien auf.

Diese Lithographien wurden in den Jahren 1845 bis 1859 in verschiedenen Berliner lithographischen Anstalten gedruckt und dokumentieren die Hinterlassenschaften der alten Hochkultur am Nil. Ihre Vorlagen entstanden meist während der preußischen Expedition an den Nil in den Jahren 1842-1845 unter der wissenschaftlichen Leitung von Carl Richard Lepsius oder während der Herstellung der Publikation der Forschungsergebnisse dieser Expedition in Berlin. Sie wurden ab 1849 in Faszikeln zu je 10 Tafeln zum Preis von 5 Talern an Subskribenten als lose Blätter verkauft. Die Erwerber konnten die insgesamt 894 Tafeln der 6 Abteilungen der Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien selbst binden lassen.

Das Vorhaben-Archiv besitzt einen vollständigen Satz der ungebundenen, unbeschnittenen 894 Tafeln, ein vollständiges gerändeltes und aufgezogenes beschnittenes Exemplar der Denkmaeler-Publikation sowie eine in Halbleder gebundene Ausgabe der Denkmaeler.

Carl Richard Lepsius wählte das Druckverfahren der Lithographie (Steindruck) aus, um die Forschungsergebnisse der Preußischen Expedition an den Nil schnell, in Farbe und möglichst realistisch und nah an den originalen Vorlagen publizieren zu können.

Dieses Druckverfahren war von Alois Senefelder (1771 - 1834) erstmals 1797 als neuartiges Flachdruckverfahren erfunden und dank der Konstruktion einer neuartigen Handdruckmaschine angewandt worden. Es bot den Vorteil, künstlerische Werke ohne Verfälschung der Handschrift des Künstlers vervielfältigen zu können. Denn wie auf einem Blatt Papier oder einer Leinwand konnte auf dem Stein direkt gezeichnet werden.

Die Lithographie war damals das erste Druckverfahren, das die Wiedergabe von Farben aus aquarellierten Vorlagen in unverfälschter Weise erlaubte. Der bisher genutzte Kupferstich, ein Tiefdruckverfahren, verlangte hingegen eine Umsetzung des Originals in Linienmuster durch den gelernten Kupferstecher, so dass die Handschrift des Künstlers verloren ging. Zudem war der Druck von Farben mit dem Kupferstich nicht möglich. Der gedruckte Kupferstich konnte nur nachträglich in Handarbeit koloriert werden, was den Produktionspreis weiter in die Höhe trieb. Die Lithographie war das entscheidende Druckverfahren, um ein- oder mehrfarbige Produktwerbung auf Verpackungen drucken zu können.

Transparentpapiere

Für die Übertragung der originalen Grafiken (Bleistiftzeichnungen) und Aquarelle in Lithographien waren verschiedene Zwischenschritte im Herstellungsprozess nötig. Hierzu wurden Transparentpapiere verwendet. Eine Kiste mit mehreren Hundert dieser selten erhaltenen Transparentpapiere hat sich im Vorhaben-Archiv „Altägyptisches Wörterbuch“ erhalten und stellt eine museale Rarität dar. Dieses “Abfallmaterial“ der Druckproduktion wurde wohl nur in seltensten Fällen nach Fertigstellung des Druckwerks aufbewahrt. Diese teilweise gerötelten Transparentpapiere ermöglichen es allerdings heute, die Vorgänge bei der Herstellung der Publikation „Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien“ von Carl Richard Lepsius nachzuvollziehen und damit die Eigenheiten dieses herausragenden monumentalen Werkes der frühen Lithographiekunst zu verstehen.

Einsatz der Transparentpapiere im Herstellungsprozess der Lithographien

Um die Motive der Originalzeichnungen auf den Lithographiestein getreu zu übertragen, wurden auf die Originalzeichnungen Transparentpapiere gelegt und die Motive durch händisches Nachzeichnen mit Bleistift auf das Transparentpapier übertragen. Danach wurde das Transparentpapier abgenommen und seitenverkehrt mit der Bleistiftzeichnung nach unten auf die Oberfläche des Lithographiesteines gelegt. Danach erfolgte ein zweites händisches Nachzeichnen oder Nachritzen der Motive auf der jetzigen Oberseite des Transparentpapiers. Dies bewirkte, dass sich das Motiv auf die Oberfläche des Lithographiesteines schwach abdrückte. Um diesen Abdruck zu verstärken wurde die Seite des Transparentpapiers mit der ersten Nachzeichnung der Motive in der Hälfte der Fälle gerötelt. Dieser Rötel drückte sich durch das zweite Nachzeichnen/-ritzen deutlicher auf der Steinoberfläche ab. Das Ergebnis dieses mechanischen Übertragungsprozesses war eine seitenverkehrte Ansicht des Motivs der Originalzeichnungen. Erst jetzt konnte das Motiv getreu auf dem Stein mit fetthaltiger Lithographietusche gezeichnet und später seitenrichtig gedruckt werden.