(erschienen in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 1995, Berlin 1996)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademienvorhaben
Sitzland: Berlin
Adresse: Unter den Linden 8, 10117 Berlin, Tel.: 0 30 - 20 3 70 478
Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Schenkel
Arbeitsstellenleiter: Prof. Dr. Walter Friedrich Reineke
Hauptamtliche wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Adelheid Burkhardt, Dr. Stefan Grunert, Dr. Elke Freier, Dr. Ingelore Hafemann
1995 wurde vorrangig an einer Datenhinterlegung der lexikalischen Datenbank gearbeitet. Bis Ende des Jahres konnten 50.000 Textwörter eingegeben werden, wobei eine Konzentration auf alltagsweltliche Texte erfolgte. Auf kanonisierte Texte wurde dennoch nicht verzichtet, um Möglichkeiten der Bearbeitung von religiösen Standardwerken, die in mehreren Versionen vorliegen, zu testen.
Im einzelnen wurden folgende Texte bzw. Textgruppen aufgenommen, die unterschiedliche Zeit- und Sprachstufen repräsentieren:
Totentempelarchiv Abusir (Ende des 3. Jt. v. Chr.)
Expeditionsinschriften aus Bergbaugebieten (2. Jt. v. Chr.)
Briefe mit Anweisungen für wirtschaftliche Nutzung von Ressourcen (2. Jt. v. Chr.)
privatrechtliche Urkunden aus Deir el Medine (Ende 2. Jt. v. Chr.)
Texte aus Königsgräbern in Theben (Ende 2. Jt. v. Chr)
Texte von Grabbeigaben und mit dem Gräberbau verbundene Protokolle (Anfang, Mitte und Ende 2. Jt. v. Chr.)
eine mythische Erzählung (6. Jh. v. Chr.)
Texte aus dem Grab eines hohen Beamten (7. Jh. v. Chr.)
Bei der Textaufnahme wurde das in den Vorjahren entwickelte und erprobte Verfahren einschließlich der erforderlichen Hilfsmittel (Codes, Konkordanzlisten u.ä.) soweit verfeinert und in der Praxis getestet, daß es in Zukunft Grundlage für die Aufnahme neuer Texte in die lexikalische Datenbank sein kann. Im 4. Heft der "Mitteilungen aus der Arbeit am Wörterbuch der ägyptischen Sprache" (MittWb, Berlin 1995) ist das Verfahren ausführlich beschrieben worden. Es umfaßt folgende Einzelschritte:
Vergabe der Textnummer mit Verwaltungsdaten (Museumsnummer bzw. Standort, Textträger, Schriftart, Textgattung, Datierung, Publikation u.a.)
Zuordnung eines Textwortes zu einem Eintrag in der Berliner Wortliste (BWL)
Angabe der tatsächlich geschriebenen Form in Transkription
Übersetzung (in lemmatisierter Form)
Angabe der Position des Wortes im Text (Seite, Zeile, Spalte u.ä., sowie der Wortnummer innerhalb des Textes)
Angabe der grammatischen Form
In Vorbereitung der Publikation von MittWb 4 wurde anhand von Recherchen die praktische Überprüfung des Eingabeverfahrens und die notwendige Aktualisierung der Hilfsmittel durchgeführt, so daß jetzt ein konsolidierter und nach entsprechender Korrektur homogener Datenbestand und eine verfeinerte und praktikabel anwendbare Wortliste (BWL) vorliegen, aufgrund derer die Neueingabe von Texten mit hoher Qualitätssicherheit möglich ist.
Auf dem 7. Internationalen Ägyptologenkongreß in Cambridge konnten anhand von MittWb 4 ausführlich die Struktur der lexikalischen Datenbank und die geplante Weiterführung der Textaufnahme dargestellt werden. Ansätze zu einer internationalen Kooperation zeichnen sich ab. Die Forderung, das Wb-Projekt in das internationale Datennetz einzubeziehen, wurde in Cambridge deutlich artikuliert. 1996 sollen Vorarbeiten für einen solchen Anschluß beginnen, damit - bei entsprechender Vergrößerung der Datenmengen in der lexikalischen Datenbank - international die Kommunikation gewährleistet ist. Nach der Beschaffung entsprechender Technik begannen Versuche, die Texte des Abusir-Archivs als Bildinformation an die Datenbank zu koppeln. Bis zur praktischen Anfügung dieser Informationen an die Textdatenbank ist noch ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich. Die Berliner Wortliste umfaßte Ende des Jahres 19.396 Einträge, alle Einträge wurden mit einer Wortartangabe und Datierung versehen und 4.893 Einträge inhaltlich bearbeitet. Studentische Hilfskräfte versahen im alten Wörterbucharchiv befindliche Texte mit Textcorpus-Nummern; ca. 2.150 Texte wurden bearbeitet. Hier lag die Hauptarbeit in der Identifizierung der Texte, der Ermittlung jetzt gültiger Museumsnummern und der Feststellung moderner Texteditionen. Die gerätetechnische Ausrüstung des Unternehmens konnte vervollständigt werden. Die Beschaffung moderner Büromöbel und die Ausführung lange geplanter Reparaturarbeiten verbesserten die Arbeitsmöglichkeiten. Ein Stipendium der Henkel-Stiftung ermöglichte die Fortsetzung der Identifizierung und Reinventarisierung der zum Archiv des "Altägyptischen Wörterbuchs" gehörenden Sammlung von Papierabdrücken ägyptischer Texte (Dr. Silvia Köpstein). Ergebnisse dieser Arbeit werden als Heft 5 der "Mitteilungen aus der Arbeit am Wörterbuch der ägyptischen Sprache" veröffentlicht.