Jahresbericht Altägyptisches Wörterbuch 2003

(erschienen in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 2003, Berlin 2004)

Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademienvorhaben
Kommission Altertumswissenschaften (bis 31.03.2003)
Wissenschaftlicher Beirat für das Altägyptische Wörterbuch (ab 01.04.2003)
Vorsitzender: Prof. Dr. Wolfgang Schenkel /Tübingen)
Mitglieder: Prof. Dr. Elke Blumenthal (Leipzig), Prof. Dr. Günter Burkard (München), Prof. Dr. Friedrich Junge (Göttingen), Prof. Dr. Antonio Loprieno (Basel), Prof. Dr. Heinz-Josef Thissen (Köln)

Sitzland: Berlin
Adresse: Unter den Linden 8, 10117 Berlin, Tel.: 0 30 - 266 1933

Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Schenkel (bis 31.03.2003), Prof. Dr. Stephan J. Seidlmayer (ab 01.04.2003)
Arbeitsstellenleiter: Prof. Dr. Stephan J. Seidlmayer

Hauptamtliche wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Adelheid Burkhardt, Dr. Frank Feder; Dr. Stefan Grunert, Dr. Ingelore Hafemann
Aus Mitteln der DFG: Dr. Doris Topmann

Wissenschaftlicher Beirat
Bericht: Stephan J. Seidlmayer

Organisatorische Rahmenbedingungen:
Zu Beginn des Berichtsjahres stellte sich das Vorhaben mit seinen Arbeitsstellen in Berlin, Leipzig und Würzburg einer Vorhabenprüfung mit externer Evaluation. Zu diesem Zweck wurden die bis­herige Arbeit bilanziert und die Arbeitsperspektiven für die kommenden Jahre definiert. Zum 1. April 2003 wurde die Betreuungsstruktur des Vorhabens an der BBAW geändert und in Kooperation mit der Freien Universität Berlin eine Akademieprofessur zur Leitung der Projekt­arbeit eingerichtet. Zukünftig wird ein aus externen Sachverständigen berufener Wissenschaftlicher Beirat die Projektarbeit begleiten. Aufgrund einer Altersteilzeitregelung stand während des gesamten Berichtsjahres eine Mitarbeiter­position für die effektive Arbeit nicht zur Verfügung.

Wissenschaftliche Arbeit:
Im Berichtsjahr wurde die Arbeit am Aufbau des digitalen Corpus ägyptischer Texte fortgesetzt. Thematisch konzentrierte sich die Arbeit weiter auf die Erfassung von neu publizierten Inschriften aus Monumentalgräbern des Alten Reiches in der memphitischen Nekropole. Wesentliche Fort­schritte konnten im Aufbau des neuen Erfassungsschwerpunkts auf dem Gebiet der Priesterhand­bücher der griechisch-römischen Periode gemacht werden, einer Materialgruppe, die sich erwar­tungsgemäß als lexikalisch besonders ergiebig herausstellt. Die Aufnahme der Erzählung des Sinuhe in Kooperation mit der Arbeitsstelle des Vorhabens an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften wurde abgeschlossen. Um eine gut definierte Textsorte in mehr als 2000jähriger Geschichte vollständig zu erfassen, wurde im Anschluß an die bereits komplett aufgenommenen Briefe des Alten Reiches damit begonnen, die Briefe des Mittleren Reiches aufzunehmen. Das Gesamtvolumen des neu erfaßten Textguts beläuft sich auf ca. 20.000 Wörter.

Mittlerweile wird die Arbeit am Textcorpus von der ständigen Konsultation des bereits früher erfaßten Materials mit Hilfe der zur internen Nutzung verfügbaren, ersten Version der internetge­stützten Publikations- und Rechercheplattform des Vorhabens unterstützt. Damit steht nicht nur aktuelles lexikalisches Material für die laufende Arbeit zur Verfügung. Es werden auch Erfahrun­gen hinsichtlich der Konsistenz der über einen beträchtlichen Zeitraum aufgenommenen Textdaten und der Funktionalität der Konsultationsplattform gemacht. Diese flossen einerseits in die Ver­bes­serung des Anzeigeprogramms ein, andererseits waren sie Ausgangspunkt zur Nachbearbeitung und Vereinheitlichung von früher aufgenommenem Textgut im Umfang von nochmals rund 20.000 Wörtern. Die in dieser Phase intensiven Gebrauchs erzielte Konsolidierung schuf die Grundlage zur Freigabe der Publikationsplattform mit ersten Corpussegmenten in nächster Zukunft.

Parallel zu den eigenen Tätigkeiten übernahm die Berliner Arbeitsstelle weiter regelmäßig auch Aufgaben, die der praktischen Unterstützung der Arbeitsstellen des Vorhabens in Leipzig und Würzburg sowie des kooperierenden Projekts zur Erfassung des altägyptischen Totenbuchs an der Universität Bonn dienen. Da diese Arbeitsstellen das digitale Corpus durch Material - verglichen mit dem Berliner Arbeitsgebiet - anderer Textgattungen und Sprachepochen mit deutlich anderem Wortbestand bereichern, erbrachte insbesondere die laufende Aktualisierung und Erweiterung des lexikalischen Thesaurus im Lichte der an diesen Arbeitsstellen aufgenommenen Texte einen kon­tinuierlichen und substantiellen Fortschritt in der Erfassung des Vokabulars.

Angesichts des beachtlichen Materialbestands, der mittlerweile in elektronischer Form erfaßt und annotiert vorliegt, rückte mehr und mehr die Beschäftigung mit corpuslinguistischen Fragestellun­gen und ihrem Einsatz auf dem Gebiet der ägyptischen Lexikographie in den Blickpunkt des Vor­habens. Untersuchungen zur Präsentation des Textmaterials in Konkordanzform, zu Wortfrequen­zen und Wortkollokationen ließen die Relevanz dieses Methodenspektrums deutlich werden. In Rückkoppelung der Verfahren der Textanalyse auf die Methoden der Texterfassung und digitalen Textdarstellung wurde insbesondere an der Struktur der Lemmaliste, an der Klassifikation der Lemmata und der effizienten Darstellung der morphosyntaktischen Annotation gearbeitet und ein wesentlich verbesserter Standard dafür definiert.

Das durch die DFG geförderte Projekt der Erstellung einer vollständigen deutschen Übersetzung der altägyptischen Sargtexte wurde weiter vorangetrieben. Die digitale Erfassung dieses Teilcorpus im Umfang von ca. 500.000 Wörtern, das dem Vorhaben durch das Tübinger Sargtext-Projekt übermittelt wurde, konnte inzwischen praktisch vollständig um eine erste, durchlaufende Über­setzung der jeweils maßgeblichen Textzeugen, die insgesamt rund 170.000 Wörter ausmachen, ergänzt werden. Für etwa ein Drittel dieses Textgutes ist die Übersetzung in publikationsfähiger Form ausgearbeitet, so daß ein wesentliches Segment dieses wichtigen Textcorpus auf der Publi­kationsplattform des Vorhabens verfügbar gemacht werden kann.

Wie in früheren Jahren beteiligten sich Mitarbeiter des Vorhabens an den durch die BBAW organisierten Vorträgen in Brandenburger Schulen.

Publikationen

  • Neugestaltung der Website des Vorhabens.
  • Frank Feder, Der ägyptische Tierkult nach den griechischen und römischen Autoren, in: M. Fitzenreiter (Hg.) Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kulturvergleich, Internet-Beiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie 4 (http://www2.rz.hu-berlin.de/nilus/net-publications/ibaes4), Berlin 2003, 159-165.
  • Frank Feder, Der Papyrus Vatican Copto 9 und die bohairische Version der Prophetenbücher, in: W. Belz et al. (Hgg.), Sprache und Geist - Peter Nagel zum 65. Geburtstag, Hallesche Beiträge zur Orientwissenschaft 35, 2003, 113-131.
  • Frank Feder, Sinuhes Vater - ein Versuch des Neuen Reiches, Sinuhes Flucht zu erklären, in: Göttinger Miszellen 195, 2003, 45-52.
  • Frank Feder, hA.w und tempus als Begriffe für Zeit und mißliche Umstände, in: ZÄS 130/2, 2003, 213-214.
  • Stefan Grunert, Die Schächtung im Totenopfer. Ritualbestandteil vs. Reflexion allgemeinen Brauchtums, in: M. Fitzenreiter (Hg.) Tierkulte im pharaonischen Ägypten und im Kultur­vergleich, Internet-Beiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie 4 (http://www2.rz.hu-berlin.de/nilus/net-publications/ibaes4), Berlin 2003, 69-82.
  • Stefan Grunert, Ein möglicher Hinweis auf die Aufgabe eines zAb im Alten Reich, in: Göttinger Miszellen 196, 2003, 5-6.
  • Stefan Grunert, Das Alte ist das Neue - do not be confused about it, in: Göttinger Miszellen 196, 2003, 83-94
  • Stephan J. Seidlmayer, New Rock Inscriptions on Elephantine Island, in: Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century, Proceedings of the 8th International Congress of Egyptologists, Cairo 2003, Vol. I, 440-447.
  • Stephan J. Seidlmayer, Vom Sterben der kleinen Leute, in: H. Guksch et al. (Hg.) Grab und Totenkult im Alten Ägypten, Festschrift für Jan Assmann, München 2003, 60-74.

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