(erschienen in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 2009, Berlin 2010)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademienvorhaben
Sitzland: Berlin
Adresse: Jägerstrasse 22/23, 10117 Berlin, Tel.: 0 30 - 20 370 478
Projektleiter, Arbeitsstellenleiter (bis 30. April 2009): Prof. Dr. Stephan J. Seidlmayer (seit 1. Mai 2009: 1. Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo)
Arbeitsstellenleiterin (seit 1. Mai 2009): Dr. Ingelore Hafemann
Hauptamtliche wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Frank Feder, Dr. Silke Grallert (seit 1. Mai 2009), Dr. Stefan Grunert (seit 1. Mai 2009 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit), Dr. Simon Schweitzer, Dr. Doris Topmann
Am 12. November 2009 hat sich ein neuer wissenschaftlicher Beirat konstituiert, der dem Vorhaben mit wissenschaftlicher Beratung zur Seite steht. Als seine Mitglieder wurden Prof. Dr. Heike Behlmer (Göttingen), Prof. Dr. Hans Werner Fischer-Elfert (Leipzig), Prof. Dr. Frank Kammerzell (HU Berlin) und Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack (Heidelberg) durch den Sprecher des Zentrums Grundlagenforschung Alte Welt berufen. Mit der Wahl des Arbeitsstellenleiters Prof. Dr. Stephan J. Seidlmayer zum 1. Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo ist ein Wechsel in der Leitung der Arbeitsstelle eingetreten. Die stellvertretende Arbeitsstellenleiterin Dr. Ingelore Hafemann ist zum 1. Juni 2009 zur Arbeitsstellenleiterin berufen worden. Prof. Seidlmayer steht dem Projekt weiter als Projektleiter vor. Die frei werdende Mitarbeiterstelle konnte mit Dr. Silke Grallert besetzt werden. Dr. Stephan Grunert ist seit 1. Mai 2009 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit.
Am 30. April des Berichtsjahres stellte sich das Vorhaben mit seinen Arbeitsstellen in Berlin, Leipzig und Würzburg turnusgemäß einer Evaluation durch internationale Gutachter. Die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit wurden bilanziert und die Aufgaben für die nächsten Jahre definiert. Die Gutachter haben die Arbeitsergebnisse des Vorhabens sehr positiv beurteilt und die Fortführung der Arbeiten dringend empfohlen.
Wie immer und im Einklang mit den Empfehlungen der Gutachter der externen Evaluation bildete den Kern der Arbeit des Vorhabens der weitere Aufbau seines digitalen Corpus ägyptischer Texte. Planmäßig wurde das Corpus der Grabinschriften des Alten Reiches mit der Erfassung der Felsgräbernekropole von Deir el-Gebrawi in Oberägypten abgeschlossen. Die Erfassung der Pyramidentexte aus dem Alten Reich konnte für die Sprüche aus den Pyramiden des Unas und des Pepi I. zu 90 % abgeschlossen werden. Die Aufnahme der Textgruppe der historisch-rhetorischen Texte der Ramessidenzeit wurde um wesentliche Texte aus Abydos und vom Gebel Barkal ergänzt. Von den Ritualbüchern und den Handbüchern aus späten Tempelbibliotheken wurden ein Priesterhandbuch, ein magischer Text zum neun- und siebengesichtigen Bes und das Mythologische Handbuch für oberägyptische Gaue in die Textdatenbank integriert. Mit Texten aus der frühen Regierungszeit Amenophis IV. wurde das neue Teilcorpus der Amarna-Texte begonnen. Dieses Textgut bietet sowohl sprach- als auch kulturwissenschaftlich wichtige Informationen und gibt Einblick in die geistesgeschichtlichen Umwälzungen dieser Zeitspanne, auch für einen breiteren Rezipientenkreis. Insgesamt wurde das Textcorpus um Material im Umfang von rund 30.000 Wörtern erweitert.
Neben dem Aufbau des Textcorpus wurden die Arbeiten an der Liste der Lemmata fortgesetzt. Diese Grundlage der lexikalischen Erschließung des Textcorpus wurde besonders mit Blick auf statistische Recherchen bearbeitet, wobei gleich lautende Titel und Substantive desambiguiert wurden. Der Ansatz der Lemmata wurde weiter überprüft und bearbeitet und mehr als 2900 Lemma-Einträge neu geschaffen. Das Ziel dieser Arbeiten ist es, die Einheitlichkeit der Lemmatisationsarbeiten bei der Texterfassung durch eine gut strukturierte Lemmaliste zu erhöhen sowie eine gezieltere Abfrage des Corpus unter lexikalischen Gesichtspunkten zu sichern. Um die Integration der Textdaten des Sargtextcorpus in den Thesaurus Linguae Aegyptiae realisieren zu können, sind die automatisch erstellten Verknüpfungen der Lemmalisten beider Corpora noch einmal manuell durchgearbeitet und fehlende Lemmata aufgenommen worden
Am 12. November wurde die neue Version der Publikationsplattform des Vorhabens im Internet freigegeben. Auf ihr sind nunmehr Texte im Umfang von über 750.000 Wörtern zur Recherche verfügbar.
Im Berichtszeitraum konnte die von Nutzern und Gutachtern gewünschte Einbindung einer Bilddatenbank realisiert werden. Durch Absprachen mit dem Deutschen Archäologischen Institut (Abt. Kairo) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war es möglich, für wichtige Materialkomplexe die Abbildungsrechte innerhalb des Thesaurus Linguae Aegyptiae zu erhalten. Die Bilddatenbank teilt sich in ein Bildwörterbuch und eine Bilddatenbank der aufgenommenen Texte. Für beide Bereiche tragen die Abbildungen zum besseren Verständnis der Texte und Textwörter bei. Daneben sind paläographische Befunde verifizierbar und die funktionale Einbindung von Texten in Bildprogramme - einem für ägyptische Texte fundamentalen Zusammenhang - nachvollziehbar. Diese Bildkomponente soll systematisch ausgebaut werden, soweit die notwendige Erlaubnis eingeholt werden kann und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen. Die Arbeiten in diesem Bereich werden im Wesentlichen durch den Einsatz studentischer Kräfte im Rahmen von Praktika erledigt - im Jahre 2009 durch Barbara Reichenbächer (MA-Studentin)
Die hieroglyphischen Schreibungen der Lemmaliste sind seit März 2009 nicht nur als statische Bildinformation konsultierbar sondern auch nach ihren Einzelzeichen oder Zeichenkombinationen recherchierbar. Damit kann das Projekt die erste Suchmaschine im Internet anbieten, die eine gezielte Suche in hieroglyphischen Schreibungen ermöglicht. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Möglichkeit geschaffen, dass Nutzer des Thesaurus Linguae Aegyptiae selbst durch das Web-Interface neue hieroglyphische Schreibungen in die Datenbank eingeben können. Dieses vorerst experimentelle Angebot soll ausloten, inwieweit sich interaktive Nutzer- und Kooperationsformate für Teilbereiche des Projektes entwickeln lassen.
Kooperation
Für das Kooperationsprojekt "Medienuniversum Assuan", das die BBAW gemeinsam mit dem Exzellenzcluster TOPOI an der Freien Universität Berlin und dem Deutschen Archäologischen Institut in Kairo durchführt, hat das Vorhaben technische und fachliche Unterstützung zur Vorbereitung der Arbeiten in Assuan geleistet. Aus Sondermitteln der Akademie konnte auch der Aufbau einer an die Textdatenbank angeschlossenen Bilddatenbank substantiell vorangebracht werden, so daß in Kürze eine modellhafte Implementation im Internet veröffentlicht werden kann. Grundlegend dafür war, daß durch eine Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften das Bildmaterial aus Hermann Junkers Publikationen seiner archäologisch-epigraphischen Arbeiten auf dem Monumentalfriedhof von Giza aufgenommen werden konnten.
Aufbereitung der Archivbestände
Die Arbeiten am Digitalisierten Zettelarchiv des Wörterbuches der ägyptischen Sprache konnten weiter vorangetrieben werden. Der wichtige Datenbestand der Verzettelungsserien der ägyptischen Personennamen konnte im Berichtszeitraum fertig indiziert werden, so dass nunmehr das gesamte Material (über 60.000 Belegzettel) zur Verfügung steht und ebenfalls in die Datenbanken, die der Publikation im Internet zugrunde liegen, eingespielt werden kann. Die zeitaufwändigen Indizierungsarbeiten wurden im Rahmen eines Werkvertrages von Gunnar Sperveslage (MA) erledigt. Im Rahmen eines studentischen BA-Praktikums konnten die Arbeiten an den Archivbeständen der Lepsius-Expedition weitergeführt werden. Tilman Giese (Informatik/MA, Ägyptologie/BA) programmierte eine Datenbank zur internen Nutzung, wodurch die Lepsiusmaterialien besser recherchiert werden können.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vorhabens beteiligten sich mit Vorträgen und Präsentationen an den Veranstaltungen der Akademie sowie nationalen und internationalen Fachtagungen. Der neuen personellen Konstellation Rechnung tragend wurde, um das Projekt auch einem Leser- und Nutzerkreis in Ägypten näher zu bringen und ggf. Kooperationsbeziehungen mit ägyptischen Einrichtungen anzubahnen, am 28. Oktober 2009 im Umfeld des Geburtstags von Adolf Erman erstmals eine Vortragsveranstaltung am Deutschen Archäologischen Institut Kairo durchgeführt, die lebhaftes Interesse fand. Durch Leihgaben aus seinem Archiv und Fachberatung unterstützte das Vorhaben mehrere Ausstellungen sowie ein Filmprojekt, dessen Filmidee unmittelbar aus den Angeboten der Homepage des Vorhabens erwuchs. Am Akademientag der Union der Akademien 2009 in Berlin vertrat und präsentierte das Vorhaben stellvertretend die Arbeiten der Akademienvorhaben der BBAW. Anlässlich einer Veranstaltung des Exzellenzclusters TOPOI stellte sich das Vorhaben als Teil des Zentrums Grundlagenforschung Alte Welt vor. Auch an den durch die BBAW organisierten Vorträgen an Brandenburger Schulen haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vorhabens erneut beteiligt.
Die Redaktions- und Herausgebertätigkeiten am Tagungsband Preußen in Ägypten. Ägypten in Preußen , herausgegeben von Ingelore Hafemann wurden im Berichtszeitraum abgeschlossen. Die Drucklegung erfolgte Ende 2009; Erscheinungsjahr ist 2010.