(erschienen in: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Jahrbuch 2010, Berlin 2011)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademienvorhaben
Sitzland: Berlin
Adresse: Jägerstrasse 22/23, 10117 Berlin, Tel.: 0 30 - 20 370 478
Projektleiter: Prof. Dr. Stephan J. Seidlmayer (1. Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo)
Arbeitsstellenleiterin: Dr. Ingelore Hafemann
Hauptamtliche wissenschaftliche Mitarbeiter:
Dr. Frank Feder (seit 1. September 2010 Lehrstuhlvertretung für Koptologie am Institut für Ägyptologie und Koptologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Dr. Silke Grallert, Dr. Stefan Grunert (seit 1. Mai 2009 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit), Dr. Simon Schweitzer, Gunnar Sperveslage, M.A. (ab 20.9.2010), Dr. Doris Topmann
Dr. Frank Feder erhielt die Einladung zu einer Lehrstuhlvertretung für das Fachgebiet Koptologie am Institut für Ägyptologie und Koptologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Prof. Dr. Stephen Emmel) für den Zeitraum vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2011. Vom 20. September 2010 an konnten die freiwerdenden Mittel für eine Besetzung der Stelle mit Gunnar Sperveslage, M.A. genutzt werden, der Arbeiten im Rahmen der Texterfassung des Projektes übernommen hat (bis zum 31. August 2011).
Die Arbeiten am Aufbau des digitalen Textcorpus wurden planmäßig fortgeführt. Im Berichtszeitraum konnten die Texte aus der Pyramide der Königin Neith aus der 6. Dynastie fast vollständig erfasst werden. Damit wurde dem Corpus der Pyramidentexte eine wichtige Textversion zugefügt, für die erstmals eine deutsche Übersetzung angeboten wird. Das Corpus der Amarnatexte konnte durch interessante Texte, u. a. einige der bekannten Grenzstelen von Amarna, ergänzt werden. Die Textgruppe der historisch-rhetorischen Königstexte der Ramessidenzeit wurde durch eine Reihe mehrfach überlieferter Texte, wie die Versionen der Hethitischen Heirat Ramses II. und des Hethitervertrages, erweitert. Die chronologisch späten Texte wurden um eine Totenliturgie aus dem 4. Jh. vor Chr. – die Gesänge von Isis und Nephthys des Papyrus Bremner Rhind – sowie um den Text des Papyrus Salt 825, der vermutlich aus der Bibliothek eines Tempels in Abydos stammt, ergänzt. Insgesamt wurde damit das Berliner Corpus um einen Wortbestand von ca. 39 000 laufenden Textwörtern erweitert. Der redaktionell abgeschlossene Teil dieser Berliner Texte wurde auf der Internetplattform des Vorhabens – dem Thesaurus Linguae Aegyptiae – gemeinsam mit den Texten der Kooperationspartner zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Das Gesamtcorpus des Thesaurus Linguae Aegyptiae umfasst damit in der Novemberversion von 2010 ca. 845 000 Wörter.
Die Arbeiten am lexikalischen Thesaurus – der gemeinsam genutzten elektronischen Wortliste – betrafen quantitative und qualitative Verbesserungen. Die Zahl der Einträge wurde durch ca. 1 000 Neueinträge vergrößert. Qualitativ wurden redaktionelle Bearbeitungen sowie Bedeutungsdifferenzierungen vorgenommen.
Da sich die Nutzerfrequenz stetig erhöht sowie vermehrt Nutzeranfragen gestellt werden, ist ein Nutzerhandbuch erarbeitet worden. Nach ersten Tests und Nutzerbefragungen wurden Ergänzungen und Verbesserungen vorgenommen. Dieses Handbuch soll 2011 auf der Internetseite des Thesaurus Linguae Aegyptiae veröffentlicht werden.
Das Corpus des Thesaurus Linguae Aegyptiae stellt die größte Datenbank ägyptischer Texte dar, in denen die Texte selbst Wort für Wort such- und analysierbar zur Verfügung gestellt werden. Damit die Nutzer weltweit dieses Angebot und vor allem seine funktionale Komplexität möglichst effektiv nutzen können, wurden die Hilfetexte der Internetplattform ins Englische und Arabische übersetzt. Die Integration dieser Übersetzungen in die Publikationsplattform des Thesaurus Linguae Aegyptiae ist für 2011 geplant. Dieses Übersetzungsprojekt wurde in Kooperation mit dem Deutschen Archäologischen Institut, Abt. Kairo durchgeführt.
Projekt-Präsentationen
Anlässlich der diesjährigen Kommissionssitzung des Zentrums Grundlagenforschung Alte Welt am 16. Januar wurde das Projekt präsentiert und im Kontext dieses Zentrums von dessen Mitgliedern diskutiert.
Zum 22. November wurde die neue Version des Thesaurus Linguae Aegyptia im Rahmen des Erman-Tages der Öffentlichkeit vorgestellt. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Helmut Satzinger, langjähriger Direktor der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung am Kunsthistorischen Museum Wien.
Die Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe nutzten im Jahr 2010 besonders viele Gelegenheiten auf nationaler und internationaler Ebene, um das Projekt und die Archivbestände den Fachkollegen vorzustellen (Bonn, Liège, Leipzig, Montepulciano, Tübingen, Münster). Auf der jährlichen Fachtagung der deutschsprachigen Ägyptologen in Bonn (16. – 18.7.2010) führten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Sprachlabor durch, um die Nutzungsstrategien bei der Arbeit mit dem Thesaurus Linguae Aegyptiae mit Fachkollegen zu testen, zu diskutieren und ggf. Verbesserungen zu konzipieren.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vorhabens haben auf zahlreichen Veranstaltungen ihre Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Zum Tag des Zentrums Grundlagenforschung Alte Welt am 5. Januar, während des Salons Sophie Charlotte am 23. Januar und zum Schülertag des Zentrums am 11. November 2010 wurden jeweils Vorträge zum Archiv und Einführungen in die Arbeit mit dem elektronischen Textcorpus gegeben.
Folgende Ausstellungen wurden durch Leihgaben aus dem Archiv und eine entsprechende Fachberatung unterstützt:
Anlässlich des 200. Geburtstages von Karl Richard Lepsius fand am 24. Juni eine Buchpräsentation des Bandes „Preußen in Ägypten – Ägypten in Preußen“ statt, in dem die Beiträge einer gleichnamigen Tagung mit dem Untertitel „Die Königlich Preußische Expedition nach Ägypten (1842 – 1845) in ihrem Kontext“ (1. – 2.2.2008) vorgelegt wurden. Zu dieser Buchpräsentation wurde im RBB-Kulturradio ein Interview gegeben.
Begleitend zu einer Tagung „Der literarische Orient im 19. Jahrhundert zwischen Wissenschaft und Imagination. Tagung aus Anlass des 200. Geburtstages von Karl Richard Lepsius“, mit der die Berliner Akademie am 17. Dezember 2010 ihr Akademiemitglied Lepsius würdigte, hat die Arbeitsgruppe eine kleine Sonderausstellung mit Archivmaterialien der Lepsius-Expedition gestaltet.
Zahlreiche Führungen für Studierende (Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, den Universitäten Basel, Leipzig und Münster) sowie Stipendiaten des Deutschen Archäologischen Instituts, Abt. Kairo und Mitgliedern der Dänischen Ägyptologischen Gesellschaft, in denen die laufenden Projektarbeiten demonstriert wurden, dienten sowohl der fachlichen Nachwuchsförderung als auch der speziellen Information einer interessierten Öffentlichkeit. Auch in diesem Jahr wurde wieder ein Vortrag an einer Brandenburger Schule gehalten. Im Rahmen einer Aufzeichnung für die Kindersendung „Kakadu“ am 3. Dezember wurden die Archivmaterialien zum Ägyptischen Wörterbuch vorgestellt.
Die Arbeiten der Arbeitgruppe wurden im Jahre 2010 von den Praktikanten Julia Jushaninova (Universität Leipzig), Ralph Birk (Universität Köln) und Bahar K?yan (Universität Münster) unterstützt.