Die Hauptverzettelung

Die Hauptverzettelung repräsentiert den Kernbestand des Zettelarchivs des Wörterbuches der ägyptischen Sprache. Hier ist das Belegmaterial aller Lemmata in alphabetischer Anordnung und detaillierter Feinsortierung eingeordnet, sofern das Material nicht in einer der Sonderverzettelungen aufgestellt oder ganz separiert wurde. Für eine solche Abtrennung von Material waren neben inhaltlichen Gründen, wie sie z.B. für die generelle Aussonderung der Personennamen ausschlaggebend waren, immer wieder auch pragmatische Gründe maßgeblich, insbesondere das Bestreben, die Hauptverzettelung nicht durch redundante Belegmassen zu belasten. Im ganzen umfaßt die Hauptverzettelung 1259 Zettelkästen mit ca. 1,2 Mio. einzelnen Zetteln.


Lemma-Karten

Im Zettelarchiv beginnt jedes neue Wort, jedes Lemma, das als selbständiger Begriff angesehen wurde, mit einer Gliederungskarte aus - in den meisten Fällen - dickem grauem Karton mit einem überstehenden oberen Rand im rechten Teil. Auf ihm wurden Umschrift, Hieroglyphen und Übersetzung des Wortes eingetragen, wobei gelegentlich einer dieser Bestandteile fehlen kann.

Im unteren Feld der Lemmakarte können ausführliche Vermerke zum Gebrauch und zu den Schreibungen des Wortes stehen. Im Laufe der Arbeit wurden diese Angaben schließlich nur noch auf gesonderten Schreibungszetteln zusammengetragen.

Von 1909-1927 wurde das ganze Zettelmaterial einer Feinordnung unterzogen, und die Lemmakarten erhielten einen entsprechenden Revisionsvermerk mit blauem Stift.

Lemmakarten für Wörter, die nur in der sogenannten Nach- und Nebenverzettelung vorhanden waren und inzwischen in die Hauptverzettelung eingeordnet worden sind, erhielten zur Kennzeichnung ein großes grünes N; diese Karten sind stets sehr sparsam beschriftet und enthalten oft fragliche Wörter.

Lemmakarte zu einer vielfach gebrauchten Bezeichnung vor allem für Verstorbene. Im gedruckten Wörterbuch, das ab 1924 ausgearbeitet wurde, ist das Wort anders eingeordnet worden als im Zettelarchiv; diese Lesung ist links oben erst in neuerer Zeit dazugesetzt worden und bezieht sich auf den ersten Buchstaben des ägyptischen Alphabets. Auf der Karte sind verschiedene Schreibungen aus unterschiedlichen Zeiten und speziell für die Pyramidentexte angegeben. Der Revisionsvermerk notiert das Jahr 1909.

Die Lemmakarte für das Wort nb "Herr", für das es ca. 13.000 Textbelege im Archiv gibt, ist sehr sparsam beschriftet. Bemerkenswert ist der Revisionsvermerk für das Jahr 1915, der zusätzlich das Kürzel K. trägt als Hinweis auf ein Kriegsjahr. Insbesondere Adolf Erman selbst hat während des 1. Weltkrieges die Feinordnung des Zettelmaterials weiter vorangetrieben.

Herausragendes Beispiel für die unterschiedliche Lesung und alphabetische Einordnung im Zettelarchiv und im gedruckten Wörterbuch ist das Wort für "König", genauer "König von Oberägypten", das zunächst stn gelesen wurde und so auch mit seinen ca. 6.000 Belegen im Archiv eingestellt ist, später aber im Wörterbuch unter nsw.t bearbeitet wurde. Auch heute ist die Lesung dieses Wortes, das mit der Hieroglyphe für die Oberägypten charakterisierende Pflanze geschrieben wird, unter den Fachleuten noch nicht eindeutig entschieden.

Lemmakarte zu einem Wort, dessen Bedeutung durch das Determinativ, das Deutzeichen nach den konsonantisch geschriebenen Bestandteilen, sehr anschaulich dargestellt wird: Die Kuh freut sich über das saugende Kälbchen. Die Karte trägt einen Vermerk der ursprünglichen Einordnung vor der Revision, nämlich August 1908, und zusätzlich das verschlungene Namenskürzel für den damaligen Mitarbeiter Max Burchardt.

Diese Lemmakarte kommt aus der Nachverzettelung, das Wort wurde aber ins Wörterbuch aufgenommen (Wb 2, 459.13), deshalb wurde beim Einordnen in die Hauptverzettelung außer dem N auch die Übersetzung auf der Karte nachgetragen. Es folgt ihr im Kasten ein Zettel mit einem Beleg aus einem Grab des Alten Reiches.

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Zettel mit Kommentaren und Angaben zur Schreibung

Das ägyptische Schriftsystem bot die Möglichkeit, eine Lautfolge in unterschiedlicher Kombination von phonetischen Zeichen, Logogrammen und semantischen Klassenzeichen (Determinativen) zu schreiben. Da viele Wörter mehrere Jahrhunderte und Jahrtausende lang benutzt wurden, kann im Laufe der Zeit für ein einzelnes Wort eine Vielzahl unterschiedlicher Schreibungen auftreten.
Im Zettelarchiv wurde die Vielfalt der Schreibungen zunächst auf den Lemmakarten festgehalten, wie es das Beispiel 1 bei der Rubrik Lemmakarten zeigt. Später wurden spezielle Schreibungszettel erarbeitet, auf denen die auf den Textbelegen vorkommenden Schreibungen mit Angabe von Zeit oder Textgruppe notiert wurden. Dazu wurden die üblichen Zettel im allgemeinen im Hochformat verwendet.

Zwei der vier Schreibungszettel zum Verb sD "zerbrechen", das zu allen Zeiten belegt ist. Auf die Einkonsonantenzeichen für s und D (gefaltetes Tuch und Schlange) folgt in den Pyramidentexten ein liegender, aufgebrochener Topf. Schon in der nächsten Gruppe, die Schreibungen aus dem Mittleren Reich (mR) um 2000 v.Chr. notiert, zeigt sich ein Wandel nicht nur in der Schreibung sondern auch in der Lautung des Wortes, da nun ein d (eine Hand in Seitenansicht) statt des D geschrieben wird. Die Bedeutung des Wortes wird durch einen Mann mit Stock in den Händen und/oder durch zwei gekreuzte Stöcke bzw. einen Arm mit Stock in der Hand klassifiziert.

Zwei Schreibungszettel - der dritte und vierte von insgesamt sechs - zum Verb Xnj "rudern", das über mehrere Jahrtausende in Gebrauch war.

Zwei Schreibungszettel - der dritte und vierte von insgesamt sechs - zum Verb Xnj "rudern", das über mehrere Jahrtausende in Gebrauch war.

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Die hierarchische Feinsortierung der Zettel

Die Feinordnung innerhalb der Lemmata führte zum Einstellen von Gliederungskarten, den sogenannten Reiterkarten. Entsprechend der Beleglage jedes ägyptischen Wortes wurde die Gliederung unterschiedlich vorgenommen. Bei Verben z.B. spielt es oft eine Rolle, ob sie mit oder ohne Objekt stehen, ob dieses direkt oder mit Hilfe von Präpositionen angeschlossen ist. Solche Objektangaben wiederum können inhaltlich detailliert geschieden sein. Feste Wortverbindungen sind zusammengefaßt, darunter vor allem Genitivverbindungen wie z.B. Titel.

Beim Aufschlagen eines Zettelkastens ist die hierarchische Odnung gut zu erkennen, da sie bei den Reiterkarten durch ein präzises System der Ausschnitte und beschrifteten Stege des überstehenden Randes kenntlich gemacht wird. Dadurch gibt es Reiterkarten erster, zweiter, dritter usw. Ordnung.

Diese Übersicht soll einen Einblick in das Ordnungssystem von Lemmakarte (ganz unten) und Reiterkarten geben. Die Reiterkarten erster bis dritter Ordnung beziehen sich auf den transitiven Gebrauch des Verbs "umwenden". Es wird eine Sache umgewendet, und zwar speziell "Eingeweide" (ägypt. mXtw), so daß ein Begriff gebildet wird, der so etwas wie "Schlächter" bedeutet.

Die Lemmakarte zu "umwenden" ist anschaulich durch die Hieroglyphe eines umgekehrten Bootes im Anschluß an die konsonantische Schreibung des Wortes determiniert. Nach der weiteren ausführlichen Beschriftung ist das Wort durch alle Zeiten bis hin zum Koptischen belegt - es gibt nur keine Belege aus den reich beschriebenen Tempeln der griechisch-römischen Zeit. Die Schreibung wird kommentiert und der Revisionsvermerk 1912 gegeben.

Die Reiterkarte erster Ordnung ist wie die Lemmakarte rechtsbündig angelegt. Wenn es nachfolgend zu größerer Feinordnung im System der Reiterkarten kommt, ist die 1. Ordnung zur anschaulichen Kennzeichnung rot umrandet

Die nächste, zweite Ordnung der Reiterkarten ist linksbündig bei den Stegen angelegt. Nach dieser Karte folgen im Archiv mehrere Zettel, bei denen verschiedene "Sachen" das Objekt bilden. Spezielle "Sachen" aber werden mit Hilfe einer Gruppe von Reiterkarten 3. Ordnung ausgewiesen, wobei ein Begriff noch durch eine Reiterkarte 4. Ordnung unterteilt wird.

Bei dieser Reiterkarte dritter Ordnung bleibt nur ein Steg links von der Mitte stehen. Als spezielle Sache, die umgewendet wird, steht nach dem Verb pna in Hieroglyphen das Wort für "Eingeweide, Gedärme" mXtw, so daß ein Begriff wie "Schlächter" (nämlich einer, der die Eingeweide umwendet) entsteht.

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Separiertes Material

Im Zuge der Verzettelung für das Wörterbuch der ägyptischen Sprache wurde das Belegmaterial für einige besonders häufige Wörter entweder ganz oder zum überwiegenden Teil ausgegliedert, weil es aufgrund seiner schieren Masse nicht fruchtbar zu verwerten war. Dieses Material wurde nur nach Lemmata getrennt und ohne interne Feinsortierung separat aufgestellt. Da dieses Material in seinem nicht oder nur grob geordneten Zustand nicht sinnvoll nutzbar ist, wurde es auch bei der Digitalisierung des Zettelarchivs ausgeschlossen. Die Digitalisierung dieser Bestände ist (sofern nicht konkrete Verwertungsperspektiven erkennbar werden) auch für die Zukunft nicht geplant. Im Bedarfsfall kann das Material an der Arbeitsstelle Altägyptisches Wörterbuch eingesehen werden.

Im einzelnen handelt es sich dabei um folgende Wörter:

  • jrj "tun": In der Hauptverzettelung stehen 10 Zettelkästen; zusätzlich befinden sich im separierten Material 8 Zettelkästen mit ca. 10.000 nur grob vorsortierten Zetteln.
  • m (Präposition): In der Hauptverzettelung steht eine Auswahl von ca. 1500 Zetteln (1 1/2 Zettelkästen); das separierte Material umfaßt 63 Zettelkästen.
  • n (Präposition): In der Hauptverzettelung steht eine Auswahl von ca. 1000 Zetteln (1 Zettelkasten); das separierte Material umfaßt 31 Zettelkästen.
  • n (Genitivwort): Das Wort ist in der Hauptverzettelung nur durch eine Verweiskarte repräsentiert; das separierte Material umfaßt 25 Zettelkästen.
  • nb "jeder, alles": Das Wort ist in der Hauptverzettelung nur durch eine Verweiskarte repräsentiert; das separierte Material umfaßt 12 Zettelkästen, deren Inhalt teilweise grob vorsortiert ist.
  • r (Präposition): In der Hauptverzettelung stehen 7 Zettelkästen; das separierte Material umfaßt 18 Zettelkästen.
  • Hr (Präposition): In der Hauptverzettelung stehen 10 Zettelkästen; das separierte Material umfaßt weitere 10 Zettelkästen.

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Die "Diarien"

In die sogenannten Diarien wurde eingetragen, was auf den Lemma- und Reiterkarten steht; diese Angaben füllen 102 Bände. Die Diarien bilden eine gute Übersicht über ein Wort und seine Gliederung im Archiv. Insbesondere bei sehr umfangreichen Wörtern mit vielen Belegen in mehreren Kästen ist vorab leicht festzustellen, in welchem Bereich man genauer recherchieren möchte.

Diese Diarien wurden außerdem genutzt, um im Zuge der Einarbeitung des Materials aus der sogenannten Nach- und Nebenverzettelung Nachträge und Korrekturen - sie betreffen vor allem Belegzeitraum und/oder Beleglage für ein Wort oder eine spezielle Wortverbindung - vorzunehmen. Außerdem wurde oben auf jeder Doppelseite die jetzt gültige Kastennummer des Archivs in grüner Schrift angegeben.

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