Navigation:

Zeichnungen

Ausgehend von der aufwendigen Publikation der Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, wurden in den Jahren von 1980 bis 1982 die etwa 2.000 bis dahin ungeordnet in Kästen aufbewahrten Zeichnungen der Lepsius-Expedition zunächst gesichtet und danach neu inventarisiert. Unter Einbeziehung der Abklatsche hatte bereits Kurt Sethe um 1893 in Vorbereitung der Textbände zum Denkmäler-Werk eine ähnliche Zusammenstellung angefertigt. Anhand beider Listen lassen sich im Archiv der Lepsius-Expedition alle erhaltenen Vorlagen zu den publizierten Tafeln problemlos auffinden.

Nicht alle während der Expedition angefertigten Zeichnungen befinden sich heute im Archiv der Lepsius-Expedition am Berliner Wörterbuch. Dies gilt insbesondere für Arbeiten, die später nicht im Denkmäler-Werk veröffentlicht wurden, wie beispielsweise eine unsignierte, heute im Museum der Stadt Naumburg befindliche, in Wasserfarben gemalte Darstellung von Richard Lepsius in türkischer Tracht auf einem Kamel vor den Pyramiden von Gizeh. Hinter ihm sitzt ein amharischer Knabe, den er von der Herrscherin Nasr, der Schwester des damaligen sudanesischen Königs Idris wed Adlân am 5. März 1844 als Gastgeschenk erhalten hatte. Lepsius erwähnt hierzu die genaueren Umstände in einem Brief, den er auf der Rückreise auf dem blauen Nil am 2. März 1844 begonnen und bei der Ankunft in Khartoum am 19. März beendet hatte: "Bald nach unserer Ankunft erhielt Seïd Haschim einen Brief von Nasr, worin sie bei ihm vertraulich anfragte, ob ich wohl eine kleine Sklavin als Gastgeschenk von ihr annehmen würde. Ich ließ ihr bedeuten, daß dieses gegen unsre Sitte sei, doch würde es keine Schwierigkeiten machen, wenn sie statt einer Sklavin einen Sklaven wählen wollte, und nach Beseitigung einiger Bedenklichkeiten, weil ihr dies weniger anständig erschien, sendete sie wirklich einen jungen Sklaven, der mir in das Schiff gebracht wurde."

Unter den nicht ins Archiv gekommenen Zeichnungen erfreute sich ein Motiv besonderer Beliebtheit: die Darstellung der Geburtstagsfeier zu Ehren des preußischen Königs auf der Cheops-Pyramide. Nach einer in Wasserfarben von Johann Jacob Frey ausgeführten Zeichnung, die schon in Ägypten kopiert worden war, wurden davon auf der Grundlage einer Lithographie mehrere Farbkopien hergestellt. Bei den Personen, die dort neben Lepsius dargestellt sind, handelt es sich vornehmlich um die Teilnehmer der Expedition.

Aus einer Zeit der allerersten Anfänge der Photographie bilden Ansichten von ägyptischen Denkmälern im Stil der zeitgenössischen Landschaftsmalerei (z.B. die Sphinx von Gize vor der Cheopspyramide von Joseph Bonomi d.J. oder die Sphinx von Gize mit der freigelegten Traumstele Thutmosis' IV. von James Wild) einen ästhetisch besonders ansprechenden Materialkomplex, nicht aber den eigentlichen Schwerpunkt der zeichnerischen Dokumentation. Dieser lag vor allem auf einer stets sehr genauen archäologischen Aufnahme der erhaltenen Monumente. Die dafür notwendigen Messungen wurden – wie bei den ebenfalls erstaunlich präzisen topographischen Lageplänen – von Georg Erbkam durchgeführt. Von höchstem Interesse für Lepsius waren aber immer wieder die inschriftlichen Zeugnisse, entweder eingebunden in farbige Reliefs bzw. Malereien oder alleinstehend. Dabei legte er außerordentlichen Wert auf die Genauigkeit der hieroglyphischen Abschriften; schon 1840 holte er den Zeichner Max Weidenbach nach Berlin, um ihn im Schreiben ägyptischer Hieroglyphen auszubilden. Während der Expedition trug Max Weidenbach die hieroglyphischen Texte dann auch in die Zeichnungen anderer Expeditionsteilnehmer ein bzw. korrigierte deren Abschriften. Besonders deutlich wird dieses Verfahren bei den ersten Zeichnungen von Otto Georgi, der erst 1843 zur Expedition im Auftrag der preußischen Regierung stieß, nachdem Frey aus gesundheitlichen Gründen 1843 nach Europa hatte zurückkehren müssen. Max Weidenbachs Bruder Ernst Weidenbach betreute nach der Expedition in Berlin die Drucklegung der Zeichnungen; aus diesem Sachverhalt erklärt sich, warum manchmal im Druck andere Signaturen als die des eigentlichen Autors der jeweiligen Originalzeichnung vorkommen. Zu erwähnen bleibt, dass ein auf den Tafeln mehrfach erwähnter Zeichner E. Eirund nicht Expeditionsteilnehmer war, sondern lediglich nach Vorlagen (Abklatschen, Zeichnungen, Skizzen und Abschriften) in Berlin neue Zeichnungen anfertigte.

Ein Vergleich zwischen der Druckfassung und den Originalzeichnungen zeigt, dass deren teilweise phänomenale Genauigkeit nicht in allen Fällen in gleicher Qualität reproduziert wurde. Von Lepsius vermerkte Korrekturwünsche wurden bei der Drucklegung nicht immer berücksichtigt: Auf einer Zeichnung, die Echnaton und seine Familie in Amarna zeigt, hängt an einer Säule des königlichen Pavillions ein Lotusblütenkranz. In einer Notiz auf der Zeichnung verwies Lepsius auf den zugehörigen Abklatsch, auf dem zu erkennen ist, daß die Säule in Wahrheit mit an den Füßen aufgehängten Gänsen dekoriert ist. Im Druck ist der Lotuskranz verblieben.

Während Reliefszenen durch Abklatsche in ihren dreidimensionalen Formen dokumentiert wurden – ein Verfahren, bei dem sich sogar eventuell vorhandene Bemalung in Spuren auch am Abklatsch erhielt und so später reproduzierbar war –, konnten bei Malereien besonders bemerkenswerte Darstellungen nur im Originalmaßstab auf Kalkierpapier durchgepaust werden. In Berlin auf eine publizierbare Größe verkleinert, wurde dann die Lithographie nach auf der Originalpause verbal vermerkten Farbangaben koloriert. Grundsätzlich sind daher die Farbwerte der Druckfassung nur als Hinweise auf die originale Farbgebung zu verstehen.

Eine geringe Anzahl teilweise kolorierter Zeichnungen zeigt das Interesse der Expeditionsteilnehmer an der Fauna des zeitgenössischen Ägypten. Die Exotik des orientalischen Lebens jedoch spiegelt sich nur im Skizzenbuch Max Weidenbachs und im persönlichen Tagebuch von Georg Erbkam wider.


Amarna. Nördliche Gräber. Grab Nr. 6. Bleistiftzeichnung. Signiert: E. W. Archiv Inv.-Nr. 1021

Benihassan, Grab 1. Bleistift-Durchzeichnung auf Kalkierpapier. Unsigniert. Archiv Inv.-Nr. 598

Benihassan. Grab 2. Nordseite. Handkolorierte Lithographie. Unsigniert. Archiv Inv.-Nr. 541

Faium. Nachteule nach der Natur. Signiert: J. F. Archiv Inv.-Nr. 2446

ohne Titel (Theben. Dêr el Medinet. Grab 9). Bleistift-/Federzeichnung. Unsigniert. Archiv Inv.-Nr. 670

Sakara. Grab des Fetekta. Kammer A. Nr. 1. Westlicher Teil der Nordseite. Aquarell. Signiert: J. B. Archiv Inv.-Nr. 395 (Detail)

Richard Lepsius in türkischer Tracht auf einem Kamel vor Pyramiden; etwa Juli 1845. Wasserfarben. Unsigniert. Museum der Stadt Naumburg, Inv.-Nr. V2524K1

Pyramiden von Gizeh. Grab des Neferbauptah. Zimmer C. West Seite. Teilkolorierte Bleistiftzeichnung. Signiert: gem. E. W. Archiv Inv.-Nr. 319 (Detail)

Pyramiden von Gizeh. Grab des Chuuiwer. Nr. 95. Lavierte Federzeichnung. Unsigniert. Archiv Inv.-Nr. 31 (Detail)

General Plan der Ruinen von El Amarna. Signiert: aufgenommen v. Lepsius. Archiv Inv.-Nr. 101

Aufhissen der preussischen Fahne auf der Pyramide des Cheops unter Führung des Prof. Lepsius am 15. Oktober 1842

Pyramiden von Gizeh. Sphinx von S.O. Bleistiftzeichnung. Signiert J. B. Archiv Inv.-Nr. 2428

Maasara. Felsentafel in den Steinbrüchen. Kolorierte Bleistiftzeichnung. Signiert: M. W. Archiv Inv.-Nr. 677 (Detail)

Pyramiden von Gizeh. Sphinx mit Traumstele Thutmosis' IV. Bleistiftzeichnung. Signiert: Orig. von Wild kop. n. Frey. Archiv Inv.-Nr. 2429